„Abgerungen!“ – Ein Solo-Theaterstück von „Haltung heute!“ an der Hochschule der Polizei
Am 21.07.2022 durfte Herr Dr. Henrichs zu einer ganz besonderen Veranstaltung begrüßen. Studierende des 27. Bachelorstudiengangs, einige Dozent:innen sowie Frau Pfarrerin Menzel mit ihren Konfirmand:innen der evangelischen Kirchengemeinde Büchenbeuren/Laufersweiler/Gösenroth sind in der Aula des Tagungszentrums der Hochschule der Polizei Rheinland-Pfalz zu einer Theateraufführung zusammengekommen.
Auch der Inspekteur der Polizei Rheinland-Pfalz a.D., Werner Blatt, der maßgeblich Anteil daran hatte, dass dieser Abend überhaupt stattfinden konnte, gab sich/uns die Ehre.
„Abgerungen!“ heißt das Theaterstück, das an diesem Abend von dem Schauspieler Bruno Lehan eindrucksvoll aufgeführt wurde. Dabei ist Theaterkunst als Form der politischen Bildung nicht gerade gang und gäbe im Polizeistudium des Landes Rheinland-Pfalz. Aber es ist ein Format, dass außerhalb der Hörsäle und fernab von Powerpoint-Präsentationen einen eigenen und kreativen Zugang zu einem relevanten Thema bieten und zum Nachdenken anregen kann.
Und so viel vorweggenommen: Das ist in jedem Fall gelungen!
Bei Haltung heute heißt es:
„Richard Henkes – ein Pallottiner-Pater – prangerte die Unmenschlichkeit des Nazi-Regimes an und kam ins Konzentrationslager Dachau. Bei Ausbruch einer Typhusepidemie ging er freiwillig in eine abgeriegelte Quarantänebaracke und pflegte seine kranken und sterbenden Mithäftlinge. Nach ca. 9 Wochen infizierte er sich selbst und starb.
Der Titel „Abgerungen“, spielt auf die Lebensentscheidungen Henkes‘ an. Ganz aktuell ist sein Lebenszeugnis im Hinblick auf jede Missachtung der Menschenwürde und der Mitmenschlichkeit wie wir sie derzeit vermehrt erleben. Richard Henkes musste sich seine Lebensentscheidungen abringen, so wie zum Beispiel heute Menschen in Russland, die den Mut haben, gegen den Krieg zu demonstrieren oder Menschen, die in der Pflege das Risiko eingehen, sich selbst anzustecken. In dem Stück setzt sich ein Autor mit der Person Henkes‘ auseinander und ringt dabei um seine eigene Haltung.“
Beeindruckend, dass ein einzelner Schauspieler ohne Requisiten die Persönlichkeit des Paters dem Publikum derart gut nahebringen konnte. Nachdenklich gestimmt hat mich persönlich insbesondere die Frage, wie man sich selbst in einer solchen Situation verhalten hätte. Ehrlich gesagt weiß ich es nicht. Großen Respekt vor dem Pater und allen, die sich dem Schreckensregime mutig in den Weg gestellt und nicht selten mit dem Leben bezahlt haben.
(Katrin Schneider, Dozentin)
Das Ringen um die eigene Haltung ist wohl auch der Aspekt, der das Stück so relevant für Polizist:innen macht. Der Polizeiberuf hat viele Facetten, die mitunter sehr belastend sein können. Das eigene Wertegerüst kann ins Wanken geraten, Orientierungen können verloren gehen, im schlimmsten Fall entwickelt man neue, falsche Wertegefolgschaften. Ein Verweis auf das Grundgesetz und bestehende Beamtenpflichten greifen oftmals zu kurz, denn „Gesetze“ sind in der Regel nicht Werteorientierung genug, sie machen Werte lediglich „messbar“.
„Die Botschaften des Stücks haben eine direkte Verbindung zum Polizeiberuf. Wir sind schon ins Nachdenken gekommen und es wurde uns nochmal bewusst, dass es immer noch etwas Größeres gibt, als man selbst.“ (Studiengruppe 27/7)
Die Achtung der Menschenwürde, die Achtung des Lebens und der Persönlichkeit eines jeden Menschen müssen vielmehr einer inneren Überzeugung entspringen. Menschlichkeit, Empathie, Offenheit, Toleranz, Höflichkeit und vor allem Hilfsbereitschaft sind Werte, die bei jedem Menschen individuell ausgestaltet sind. Aber sie bilden die Grundlage, die eine freiheitlich demokratische Werteorientierung überhaupt erst möglich macht.
Missgunst, Neid, Argwohn, Misstrauen und Vorurteile hingegen führen zu Diskriminierung und Ausgrenzung. Sie münden in einer Spirale der Gewalt. Dieser negative „Wertewandel“, der die Frei- heit und Gleichheit aller in Frage stellt, kann seit einigen Jahren in immer breiteren Gesellschaftsschichten beobachtet werden.
Leider auch innerhalb der Polizeien in der Bundesrepublik Deutschland.
Der Weg dieses „Wandels“ führt von einer veränderten, aber erstmal harmlos wirkenden Sprache zu einer völlig enthemmten Gewaltrhetorik und mündet letztlich in Gewalttaten, wie z. B. Hanau und Halle gezeigt haben.
„Das Stück hat noch einmal gezeigt, dass ein “wertvolles“ Leben sich nicht nur in Gesetzen und Vorschriften erschöpft. Es hat mir noch einmal verdeutlicht, dass Polizist:innen Menschen unter Menschen sind und auch danach handeln sollten.“
(Markus Moog, Dozent, Bild)
Deswegen ist es die Pflicht eines jeden einzelnen von uns, sich tagtäglich für „demokratische“ Werte einzusetzen: Im Freundeskreis, in der Familie, in der Studiengruppe…
Dieser Einsatz ist zudem eine besondere Verantwortung für alle Polizist:innen, die sich verpflichtet haben, jederzeit und vorbehaltlos für die freiheitlich demokratische Grundordnung einzutreten. Dabei wird nicht „nur“ gesetzmäßiges Handeln und gewissenhafte Pflichterfüllung verlangt, sondern auch ein tägliches, ein reflektiertes Ringen um die eigene Haltung!
Weitere Infos zum. Theater unter: www.haltung-heute.de/theater
Der Bericht erschien in der internen Internetzeitung der Polizeihochschule Rheinland-Pfalz. Er wurde uns dankenswerterweise zur Verfügung gestellt. Das Bild von P. Henkes haben wir ergänzt.